Das Irrenhaus am Lotos-See
Erna M. Hoch

Erste Fassung 1984, neu überarbeitet 1999/2000, erschienen Dezember 2000
320 Seiten, 20 Fotos, 6 Skizzen s/w
Leinen gebunden
SFr. 39.-
ISBN 3-905647-15-X
Erhältlich bei:
Stiftung Forhalde, Untere Forhalden, CH-8636 Wald, Schweiz
Fax +41 55 266 19 37



Inhaltsangabe:

Die Verfasserin, Schweizerin, lebte von 1956 – 1988 in Indien und hat dort als Psychiaterin klinisch, akademisch und administrativ an verschiedenen Posten gewirkt und reiche Erfahrung gesammelt. Von 1969 bis 1980 war sie als Professorin für Psychiatrie am «Medical College» in Srinagar tätig und hatte zugleich die einzige psychiatrische Anstalt in Kashmir zu leiten.

Im vorliegenden Buch berichtet sie in erzählender Form über ihre Erfahrungen in diesem oft recht schwierigen Amte. Was sie an ihren grösstenteils analphabetischen Patienten beobachtete und mit ihnen erlebte, wird zum Ausgangspunkt für eine Schilderung der Bevölkerung, ihrer Sitten und Lebensweisen, aber auch für Beschreibungen der wunderschönen Berglandschaft, in welcher dieses «Irrenhaus am Lotos-See» eingebettet ist.

Von psychiatrischer Fachsprache wird man weitgehend verschont, so dass auch dem Laien wertvolle Einblicke in die Welt des «Irreseins» und die verschiedenen persönlichen und gesellschaftlichen Faktoren, die in dieser kulturellen Umgebung dazu beitragen können, vermittelt werden.

In den ersten Kapiteln erfahren wir, wie die Verfasserin versuchte, das noch recht rückständige «Irrenhaus» allmählich in eine moderne psychiatrische Klinik umzuwandeln. Dabei lernte sie jedoch, dass im Rahmen dieser Kultur auch das Althergebrachte seine Bedeutung und seinen Wert hat.

Drei weitere Kapitel sind besonders kritischen Situationen gewidmet: den Intrigen von Seiten eines unzufriedenen Kollegen, der Unberechenbarkeit der staatlichen Verwaltung und der schliesslich daraus entstehenden Katastrophe; dem Problem, für die meist analphabetischen Patienten, die mit modernen technischen Einrichtungen nicht umzugehen wussten, vernünftige sanitäre Einrichtungen und eine ungefährliche Heizung zu konstruieren; schliesslich einer kurzen Kriegsperiode, während welcher interessante psychiatrische Einsichten gewonnen werden konnten.

In einem mittleren Teil erfahren wir, ob und in welcher Form es möglich ist, selbst die ungebildeten, der Selbstreflexion noch unkundigen Menschen psychotherapeutisch zu fördern. Dies führt dazu, auch darzustellen, in welcher Form sich in dieser noch weitgehend traditionellen Gesellschaft, die jedoch bereits der Verwestlichung ausgesetzt ist, Probleme auf sexuellem Gebiet stellen.

Die Geschichte eines seltenen Falles von mehrfachem induziertem Irresein in einer Kashmiri Bauernfamilie gewährt Einblick in die verschiedenen kritischen Situationen, welche in einem derartigen Milieu oft zu verarbeiten sind, und führt uns, in Form eines Hausbesuches, ganz konkret mitten ins Geschehen im weit entlegenen kleinen Dorf hinein. In Kashmir, wo wenigstens ausserhalb der Hauptstadt Srinagar, die Verhältnisse noch vielfach an das europäische Mittelalter erinnern, stellt sich, noch viel mehr als im Westen, die Aufgabe, «Verrücktheit» nicht nur von besonderen Ausprägungen der «Heiligkeit», sondern auch von Kriminalität zu unterscheiden. Auch darüber erfahren wir in drei weiteren Kapiteln allerlei, nicht nur generell, sondern anhand eindrücklicher Beispiele.

Schliesslich berichtet die Verfasserin noch über die ganz besonderen Probleme, welche geschaffen wurden durch die Notwendigkeit, europäische «Hippies» und «Aussteiger», die in der fremden Kultur verkommen und in geistige Verwirrung geraten waren, in der recht primitiven psychiatrischen Anstalt aufzunehmen und zu behandeln.

Ganz am Ende der Schlussbemerkungen erfahren wir dann noch, warum gerade der Titel «Das Irrenhaus am Lotos-See» gewählt wurde und was darin an tieferem Sinn verborgen ist.



Inhaltsverzeichnis:

Draussen vor der Stadt
Vom Irrenhaus zur psychiatrischen Klinik
Die Elemente
Hast Du Deinen Reis gegessen?
Kleider machen Leute
Das Volk der Hirten
Intrigen
Wir bauen ein «hamam»
Der Vierzehntagekrieg
Psychotherapie für Analphabeten
Ein Kapitel «Sex»
Das Opfer
Verrückt oder verzückt?
Unsere Nachbarn im Gefängnis
Devana
Die Gestrandeten
Der Namenlose
Schlussbetrachtungen



ÜBERSICHT ÜBER DIE TÄTIGKEIT DER VERFASSERIN IN INDIEN 1956 – 1988

April 1956 – Dez. 1961 Direktion (medizinisch-psychiatrisch, zeitweise auch administrativ) des Nur Manzil Psychiatric Centre in Lucknow, Uttar Pradesh.

Jan. 1962 – Aug. 1963 Private Studien in Almora, Uttar Pradesh (Himalaya Vorberge). Verarbeitung der in Lucknow gesammelten Krankengeschichten. Publikation von „Indian Children on a Psychiatrist’s Playground“ (Indian Council of Medical Research, New Delhi 1967). Studium der alt-indischen Schriften. – Allgemein-medizinische Gratis Sprechstunde für die benachbarten Bergbauern.

Aug. 1963 – Aug. 1964 Teilzeitliche Anstellung als ehrenamtliche Beraterin für geistige Gesundheit für das Gesundheitsministerium der indischen Zentralregierung. In diesem Rahmen neben Inspektions- und Beratungsaufgaben mehrmonatige akademische Lehrtätigkeit an den psychiatrischen Ausbildungsstätten der Zentralregierung. (All India Institute of Mental Health, Bangalore/Karnataka und Hospital for Mental Diseases, Kanke, Ranchi/Bihar)

Aug. – Dez. 1964 „Short Term Consultant for Mental Health“ bei WHO. (kurzfristig Beraterin für geistige Gesundheit bei der Weltgesundheits- organisation) New Delhi, Reisetätigkeit.

Febr. – Mai 1965 Gastdozentin für Psychiatrie am Institute of Social Sciences, Kashi Vidyapith, Varanasi (Benares) Uttar Praseh. Ausbildung von Kandidaten für psychiatrische Sozialarbeit, zusammen mit medizinischer Fakultät der Benares Hindu University.

Mai 1965 – Sept. 1967 Gastprofessur am Lady Hardinge Medical College, New Delhi (Ausschliesslich für Frauen). Gleichzeitig ehrenamtliche Beraterin für Psychiatrie am Willingdon Hospital, New Delhi (Zentralregierung). Aufbau psychiatrischer Dienste, akademische Lehrtätigkeit. Während dieser Zeit weiterhin tätig als ehrenamtliche Beraterin für das Gesundheitsministerium, New Delhi, und Sekretärin mehrerer Kommissionen der Zentralregierung für die Organisation psychiatrischer Dienste und Ausbildung.

Sept. 1967 – Dez. 1968 Stellvertretend Leiterin des Departementes für Psychiatrie am All India Institute of Medical Sciences (autonomes Postgraduate- und Forschungsinstitut), New Delhi.

Jan. 1969 – Sept. 1969 Gastdozentin und Beraterin am B.M.Institute of Mental Health (Privatinstitut), Ahmedabad, Gujrat. Vor allem Mitwirkung an Forschungsprojekt über kindliche Entwicklung unter National Council of Educational Research and Training, New Delhi.

Sept. 1969 – März 1980 Professor für Psychiatrie und Leiterin des Departementes für Psychiatrie am Government Medical College in Srinagar, Kashmir. (Medizinische Fakultät der University of Kashmir). Ab Oktober 1970 gleichzeitig „Superintendent“ (Direktor) des Government Mental Hospital (später „Hospital for Psychiatric Diseases) in Srinagar. Entwicklung der psychiatrischen Dienste für die ganze Provinz Kashmir (inkl. Ladakh) des Teilstaates „Jammu und Kashmir“.

1970 – 1981 Während der Ferien und später noch im Ruhestand öfters mehrwöchige Perioden als „Gastprofessor für Psychiatrie“ am Mahatma Gandhi Medical College, Sewagram/Wardha, Maharashtra.

April 1981 – Sept. 1986 „Ruhestand“ in einsam gelegenem Häuslein an einem Berghang ausserhalb von Srinagar. Verarbeitung der in Indien und besonders in Kashmir gewonnenen psychiatrischen und allgemeinen Erfahrungen. Verschiedene Publikationen. In Buchform:“Hypocrite or Heretic?“ („Heuchelei oder Ketzer?“) Christian Institute for the Study of Religion and Society, Bangalore 1983. Erste Fassung des Manuskriptes des vorliegenden Buches. 1984 Vorbereitung des Materials für „Sources and Resources“, Verlag Rüegger, Chur/Zürich, 1991.
Allgemein-medizinische Gratis Sprechstunde für die benachbarten Dorfbewohner.
Drei- bis viermal jährlich mehrwöchige Besuche als Gastdozentin und Beraterin am B.M.Institute of Mental Health, Ahmedabad, Gujrat.

Sept. 1986 – Mai 1988 Aushilfsweise Betreuung des von Pandit Gopi Krishna gegründeten „Kundalini Research Centre“ in Dehra Dun (Himalayavorberge), Uttar Pradesh.